Dennys Bornhöft zu TOP 8 „Errichtung einer Vereinigung der Pflegekräfte“
„An der Pflegeberufekammer in Schleswig-Holstein scheiden sich die Geister. Schon in der letzten Wahlperiode gab es manch zünftige Plenardebatte über das Konstrukt. Unsere damalige Kritik als FDP an der Errichtung einer Kammer bleibt überwiegend auch bis heute bestehen. Unsere Sorge, dass eine Kammer nicht im Sinne der meisten Pflegekräfte sein wird, wird sich leider voraussichtlich bewahrheiten. Dennoch hat die damalige SPD- geführte Landesregierung die Errichtung per Gesetz mit ihrer Einstimmenmehrheit auf den Weg gebracht.
Wenige Jahre später haben wir nun die Situation, dass viele hundert Pflegekräfte ihre hart verdienten Urlaubstage damit verbringen, bei Nieselregen und Kälte vor dem Landtag oder in den Kreisstädten gegen die Kammer zu demonstrieren. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen: Da gehen fast tausend Pflegekräfte in Kiel auf die Straße, um für die Abschaffung einer Behörde zu streiten, die dafür gegründet wurde, um für die Pflegekräfte bessere Arbeitsbedingungen zu schaffen. Verkehrte Welt? Mitnichten! Man hört Unmut über eine zu geringe Beteiligung vor allem im Gründungsprozess. Erschwerend kommt hinzu, dass von den 1170 repräsentativ Befragten zwar 51 Prozent positiv einer Kammer gegenüberstanden, aber nur knapp die Hälfte dieser 51 Prozent dies auch bei einer Pflichtmitgliedschaft mit Pflichtbeitrag so gesehen hat. Gekommen ist aber die Kammer mit gesetzlicher Pflichtmitgliedschaft und einem finanziellen Pflichtbeitrag.
Ein Geburtsfehler bei der gesetzlichen Kammergründung war die zu geringe finanzielle Anschubfinanzierung der neuen Körperschaft durch die damalige Landesregierung. Dies hatte die Konsequenz, dass die Kammer zu Lasten Mitglieder schon mit einem deutlichen Schuldenberg startete. Das ist schlechtes Handwerk gewesen. Da der Landtag Schleswig-Holstein damals eine Kammer als öffentliche Körperschaft gewollt hat, hätte die Küstenkoalition auch die bedarfsgerechte Anschubfinanzierung sicherstellen müssen. Jamaika hat dies nun korrigiert und wird der Kammer zusätzliche drei Millionen Euro zur Verfügung stellen. Dies allerdings unter der Bedingung, und das war uns von der FDP besonders wichtig, dass es eine Vollbefragung aller Pflichtmitglieder zu Beginn des Jahres 2021 über die Zukunft der Pflegeberufekammer geben muss. Denn wir machen es nicht mit, eine Institution künstlich am Leben zu erhalten, wenn tatsächlich eine Mehrheit derjenigen, für die sie geschaffen wurde, diese ablehnt. Mit einer Vollbefragung aller 27.000 Pflichtmitglieder wird die Entscheidung für oder gegen eine Kammer höchstmögliche Legitimität haben. Wir von der FDP wollen, dass diejenigen, die es direkt betrifft, hierüber die Entscheidung fällen, nicht nur wir 73 Abgeordnete.
Damit das so kommt, muss die Kammerversammlung aber am 30. Januar noch einen Beschluss fällen. Bisher haben das die 40 Delegierten noch nicht getan. Wir hoffen, dass Präsidium und Kammerversammlung sich hier nicht gegen die mehreren Tausend Demonstranten stellen. Die Proteste werden sonst noch größer ausfallen. Die Situation der Pflege würde so keinesfalls besser werden. Das Verhalten der Kammer wäre auch keine werbende Maßnahme, um den Pflegeberuf in Schleswig-Holstein weiter aufzuwerten.
Der Gesetzentwurf der AfD ist überwiegend das Modell der bayerischen Landesregierung. Bei dieser Variante der freiwilligen Mitgliedschaft und beständigen Finanzierung durch das Land bin ich aber skeptisch, ob diese Vereinigung dauerhaft autonom und ohne externen politischen Einfluss agieren kann. Das größte Problem, das ich jetzt mit dem Gesetzentwurf habe, ist der zeitliche Ablauf. Wir haben als Landtag gerade erst im Dezember 2019 ein Verfahren auf den Weg gebracht, das zur Vollbefragung in 2021 führen soll. Für mich wäre es nun politisch unredlich, diesen Prozess, der zu einem objektiven Meinungsbild der Betroffenen führen wird, zu untergraben. Wer nun versucht, die Vollbefragung aller Pflichtmitglieder zu torpedieren, der stößt allen Pflegekräften vor den Kopf. Schon deshalb kann ich dem AfD-Antrag nicht zustimmen.“