Dennys Bornhöft zu TOP 15+61 „Antrag und Bericht zum Zukunftslabor“
„Unser Zukunftslabor zur Weiterentwicklung der sozialen Sicherungssysteme entstand aus der Idee, parteiübergreifende Ideen in Bezug auf verschiedene soziale Sicherungssysteme zu beraten, zu vergleichen, auf seine Auswirkungen hin zu untersuchen und schlussendlich weiterzuentwickeln. Ja, parteiübergreifende Beratungen sollten es sein. Die hier gewonnenen Ergebnisse sollten in die politischen Debatten auf Bundesebene getragen werden. Auf die Ergebnisse müssen wir noch etwas warten, da man sich aus guten Gründen leider vom ISÖ als Hauptauftragnehmer trennen musste.
Die Arbeit wird jedoch weitergehen und man ist auf der Suche nach einem zuverlässigen wissenschaftlichen Partner. Wir alle wissen, dass Megatrends wie Digitalisierung und demographischer Wandel uns vor soziale Herausforderungen stellen werden. Das Projekt ‚Zukunftslabor‘ könnte uns den notwendigen Input geben, den wir brauchen, um den Chancen und Gefahren der zukünftigen Entwicklung zu begegnen und sozialverträglich in die richtigen Bahnen zu lenken. Erste Schritte sind bereits erfolgt, an die wir nun anknüpfen können. Denn das Zukunftslabor sucht einen neuen Auftragnehmer, es ist nicht abgeschafft. Womit ich zum Antrag der SPD komme.
Die im letzten Jahr von der SPD geforderte ersatzlose Abschaffung ist mittlerweile leider symptomatisch für die Gesellschafts- und Sozialpolitik der SPD. In allen Entwicklungen, die auf uns zukommen, sehen sie eine Gefahr oder ein Risiko und gehen daher direkt in die Abwehrhaltung – oder direkt in Deckung. In der Hoffnung, dass es einfach vorüber geht. Was sind denn Ihre Antworten, wenn es um demographischen Wandel, Globalisierung oder Digitalisierung geht? Andrea Nahles sollte bis vor kurzem eine Erneuerung der SPD bewirken. Davon übriggeblieben sind Aussagen wie die folgende: Digitalisierung nähme uns vernünftige Arbeit weg, hinterzöge Steuern, trage nicht zum Gemeinwohl bei und gehöre mit allen Kräften bekämpft. Das ist ein Denken aus den 80ern – damit löst man nicht die Fragen von morgen! Die Digitalisierung als modernen Kapitalismus zu verklären, den es zu bekämpfen gilt, tritt die Lebensrealität vieler junger Menschen mit Füßen. Bei einem Kongress der Friedrich-Ebert-Stiftung in 2017 wurden folgende Thementitel für Digitalisierung bearbeitet: ‚Digitale Monopole‘, ‚Digitalisierung im Betrieb – Mitbestimmung unter Druck‘, ‚Digitalisierung des Finanzsektors – Keine Chance für Nachhaltigkeit‘, ‚Revolutioniert die Digitalisierung Geschlechterverhältnisse?‘ oder ‚Sind Algorithmen sexistisch?‘.
Fernab davon, dass dies die ‚Halt stopp – hier bleibt alles so wie es ist‘- Mentalität der Sozialdemokratie in Zukunftsfragen untermauert, sind die meisten Ergebnisse des Kongresses auch grundlegend falsch. Digitalisierung ist kein kapitalistisches Raubtier. Durch Digitalisierung und Smartphones wurde in fast allen Ländern der Welt ein Boom an Kleinunternehmern und vor allem Kleinunternehmerinnen geschaffen. Niedrigschwellig können über digitale Marktplätze und Online-Bezahldienste selbst ohne eine lokale Bankverbindung Waren und Dienstleistungen weltweit vertrieben werden. Das schafft Wohlstand selbst in den entlegensten Orten der Erde. Die SPD sollte über ihren Tellerrand schauen. Es lohnt sich, über soziale Absicherungsmodelle, wie beispielsweise Bürgergeld, Grundeinkommen oder aber die Weiterentwicklung anderer sozialer Sicherungssysteme zu sprechen. Vor Entwicklungen, die man nicht mag oder will, kann man sich versuchen wegzuducken.
Nicht nur die SPD, auch ganz Deutschland könnte sich z.B. vor der Digitalisierung verstecken – verschlafen tun wir sie ja überwiegend schon. Das heißt aber nicht, dass so ein Megatrend nicht trotzdem massiv auf Deutschland einwirkt. Und hier gilt, je weniger ich mich selbst einbringe, desto mehr werde ich fremdbestimmt, auch als ganzes Land.
Schon jetzt stammen die meisten Entwicklungen aus den USA oder China. Damit degradieren wir uns am Ende zum einfachen Konsumenten. So müssen wir damit leben, wenn andere nicht nur Waren oder Dienstleistungen erstellen, sondern uns auch deren Regularien unterwerfen. Der Wandel wird kommen. Die Frage, die wir uns stellen müssen, ist: Wollen wir diesen Wandel aktiv begleiten oder tatenlos daneben stehen? Ein Problem aus unter- schiedlichen Blickwinkeln und Gesellschaftsbildern zu betrachten, bringt meist eine tragfähige Lösung. Ich würde mich freuen, wenn sich prinzipiell wesentliche Akteure der Debatte und dem Zukunftslabor mehr öffnen würden.