Dennys Bornhöft zu TOP 25+40 „Europäische Gesundheitspolitik stärken“
„Die COVID-19-Pandemie hat das Gesundheitswesen zum Thema Nr. 1 gemacht, dies nicht nur auf Landes- und Bundesebene, sondern auch bei der Europäischen Union. Der Mangel an Fachkräften, Intensivbetten, persönlicher Schutzausrüstung und Desinfektionsmittel war kein singuläres Ereignis in Teilen Deutschlands. Vielmehr traf es mehrere europäische Länder deutlich härter, weswegen unsere Kliniken auch EU-Ausländer erfolgreich behandelt haben. Das ist gelebte Solidarität innerhalb der Europäischen Union!
Ein weiteres großes Problem, welches bisher bei Wirtschaftskrisen kaum in Erscheinung trat, ist die Konzentration von Arzneimittelforschung, vielmehr noch die Arzneimittelproduktion in China und Indien. Durch den zeitweiligen Zusammenbruch globaler Lieferketten drohten sehr schnell Engpässe bei der Medikamentenversorgung in Europa. Auch wenn die Pandemie noch wütet, es ist schon jetzt abzusehen, dass wir Nachholbedarf in Europa haben, auch im Hinblick auf eine hochwertige Gesundheitsversorgung möglichst aller über 400 Millionen Menschen.
In Grundzügen habe ich viel Sympathie für den hier vorliegenden Antrag, schließlich beruht er auch auf dem Antrag des Europäischen Parlaments vom Juli dieses Jahres, deren Mitantragssteller die drittgrößte Fraktion, die Liberalen, gewesen ist. Es gibt aber Punkte, die ich zu bedenken geben möchte. Die eben erwähnte hochwertige Gesundheitsversorgung für die über 400 Millionen Einwohner ist ein hehres und kostspieliges Ziel. Zunächst würden wir uns freuen, wenn der Investitionsstau im stationären Sektor bundesweit abgebaut sein wird und mehr Fachkräfte ausgebildet und dann auch beschäftigt und bezahlt werden. Eine Finanzierungslücke haben wir selbst in Deutschland, mir fällt es schwer, Gelder dann noch zusätzlich für europäische Mindeststandards ausfindig zu machen.
Die Europäische Union ist föderal aufgebaut und unterliegt daher auch dem Subsidiaritätsprinzip. Wir erleben bereits innerhalb Deutschlands, dass hieran gezerrt wird. Wir können froh sein, dass wir eine föderale Republik sind. Sonst hätte Markus Söder, der sein Corona-Management nicht in Griff bekommt, bereits im Sommer unsere Strände an Nord- und Ostsee gesperrt, weil ein Münchner Biergarten mal wieder ein Corona-Hotspot gewesen ist. Solche weitreichenden Entscheidungen, die lokale oder regionale Gegebenheiten nicht berücksichtigen, sind innerhalb Deutschlands schon nicht richtig – sie werden EU-weit noch weniger richtig. Da der gesamte Antrag nur Sinn macht, wenn eine Forderung über die Landesregierung an die Bundesregierung und dann zur EU ergeht, sollte der Antrag federführend an den Europaausschuss zur weiteren Beratung verwiesen werden.
Die Langzeitfolgen auch bei jüngeren, genesenen Menschen zeigen, dass es sich bei Covid-19 eben nicht um eine Grippe handelt. Weiterhin gibt es weder eine Behandlungstherapie noch einen Impfstoff, sodass die Vermeidung der Ansteckung bisher der einzige wirkliche Gesundheitsschutz ist. Das bedeutet wiederum massive Einschnitte in das Leben aller Bürgerinnen und Bürger. Natürlich muss man immer hinterfragen und faktenbasiert arbeiten, ob alle Maßnahmen zweckdienlich sind.
Das Kontrastprogramm dagegen liefert die AfD.
Sie bedient sich Verschwörungsfantasien, wonach hier angeblich irgendjemand vorhat, nicht zugelassene Präparate an die Bevölkerung auszugeben. Vergessen Sie nicht: Das hier ist Deutschland, nicht Putin-Russland! Sie übernehmen das Gebaren von Verschwörungstheoretikern und sogenannten Querdenkern: Das Spielen mit Ängsten und das politische Wirken abseits wissenschaftlicher Grundlage. Die Entwicklung eines neuen Impfstoffs ist komplex, kosten- und vor allem zeitintensiv. In der Regel vergehen viele Jahre, bis es einen zugelassenen Impfstoff geben kann. Das kann nun bei Covid-19 anders sein. Und zwar nicht, wie die AfD hier den Anschein erweckt, durch Weglassen von wichtigen Zwischenschritten bei klinischen Studien oder Fünfe gerade sein lassen beim Zulassungsverfahren.
Bei Covid-19 ziehen weltweit die jeweiligen Pharmaunternehmen, aber auch andere Forschungseinrichtungen an einem Strang, arbeiten parallel. Der Neigung zu Verschwörungstheorien der AfD erteilen wir eine klare Absage. Schleswig-Holstein wird zusammen mit der Bundesregierung die notwendige Vorsicht, aber eben auch Schnelligkeit zur Findung eines geeigneten Impfstoffes weiterhin forcieren. Gegen Corona gibt es noch keine Heilung, gegen AfD-Anträge schon – nämlich ab lehnen.“