Dennys Bornhöft zu TOP 14 „Institutionalisierte Interessenvertretung für Kinder und Jugendliche“
(Rede zu Protokoll gegeben)
„‘Für sich selbst sprechen – andere stärken und vertreten – mitbestimmen und entscheiden.‘ Mit diesen kurzen Sätzen hat die Lebenshilfe im Jahr 2020 ihre Sonderausgabe zum Thema ‚Selbstvertretung? Na klar.‘ überschrieben. ‚Klar‘ war genau das aber lange Zeit nicht. Weder für Menschen mit Behinderungen im Allgemeinen, noch für Kinder und Jugendliche in den stationären Hilfen zur Erziehung, über die wir heute sprechen. Offensichtlich sah man bei einigen Mitgliedern unserer Gesellschaft nicht den Bedarf oder man traute ihnen nicht zu, für sich selbst zu sprechen; aktiv an den Entscheidungen zu partizipieren, die vor allem Auswirkungen auf sie selbst haben. Kinder und Jugendliche in den stationären Hilfen haben ein Recht auf Selbstvertretung. Nur sie wissen, was für sie wichtig ist. Nur sie können sagen, was sie bewegt. Aber es geht hier um mehr als nur das Vorbringen von Forderungen. Es geht um einen Dialog auf Augenhöhe.
Formalisierte Formen der Interessensvertretung wurden lange Zeit skeptisch betrachtet. Beteiligungsformen der Kinder und Jugendlichen, die in möglichst familiennah strukturierten Settings betreut werden sollen, seien der Situation unangemessen und im Betreuungsalltag kontraproduktiv – so die Argumentation. Von einer breiten Ablehnungsfront gegenüber der Beteiligung ist heute nichts mehr zu spüren. Nein, wir sind einen großen Schritt weitergekommen: Bei der Reform des SGB VIII wurde § 4a SGB VIII neu eingeführt. Dies hebt nicht nur das Recht auf Beteiligung und Mitbestimmung noch einmal explizit hervor. Es schafft vor allem eine Rechtsgrundlage für selbstorganisierte Zusammenschlüsse zur Selbstvertretung. Es geht heute also nicht mehr um das ‚ob‘, sondern um das ‚wie‘. Dieses ‚wie‘ sollte direkt von den Menschen gestaltet werden, um die es schließlich auch geht. Beim 5. Landes Jugend Kongress der Stationären Einrichtungen der Jugendhilfe in Schleswig-Holstein am 10. August dieses Jahres hat man sich die Gründung einer landesweiten Interessenvertretung gewünscht. Mit dem heute vorliegenden Antrag kommen wir dem Wunsch der Kinder und Jugendlichen nach. Wir setzen uns dafür ein, dass Beteiligungsrechte nicht nur formal gesetzlich verankert sind, sondern, dass sie kontinuierlich im Hilfeprozess und im alltäglichen Leben von Kindern und Jugendlichen stattfinden. Beteiligung auf dem Papier reicht nicht, sie muss beispielsweise in den stationären Einrichtungen auch ankommen.
Dafür braucht es personelle, finanzielle und materielle Ressourcen sowie fachliche Kompetenzen. Von Seiten des Landes sehe ich Unterstützung für Personal- und Sachkosten. Es müssen aber auch finanzielle Mittel bereitgestellt werden für die Ausbildung von begleitenden Fachkräften, aber vor allem, und es ist wichtig, dass auch dieser Punkt nicht vergessen wird, auch für die Mitglieder in diesem Gremium. Dies hat sich in der Vergangenheit als ein wichtiger Faktor für die echte Beteiligung am Alltag in den stationären Hilfen erwiesen.
Der Austausch mit Kindern und Jugendlichen bereits bestehender Interessenvertretungen in anderen Bundesländern sollte unterstützt werden. Gerade zu Beginn könnten wir von bereits bestehenden institutionalisierten Selbstvertretungen lernen. Kinder und Jugendliche könnten hier beispielsweise im Rahmen von Bundesnetzwerktreffen Erfahrungen austauschen.
Ich möchte zum Schluss kommen: Demokratische Grundrechte sind unteilbar – alle in der Gesellschaft wachen darüber, damit Ausgrenzung keine Chance hat. Wir tun heute einen wichtigen Schritt und sorgen dafür, dass Kinder und Jugendliche in den stationären Einrichtungen und aus Pflegefamilien ihr Recht auf Selbstvertretung besser wahrnehmen können.“