Dennys Bornhöft zu TOP 19 „Krankengeld bei Kinderbetreuung“
„Fast alle kennen es: Man ist so krank, dass man sich nicht zur Arbeit quä len will oder die Kolleginnen und Kollegen nicht anstecken möchte. Auf dem Gehaltszettel ändert sich dann in der Regel nichts, sofern man nicht mehr als sechs Wochen ausfällt.
Aber was ist, wenn man nicht selbst krank ist, sondern das eigene kleine Kind mit über 40 Grad Fieber zu Hause bleiben muss und daher definitiv auch nicht alleine bleiben darf? Die Entgeltfortzahlung greift hier vielfach nicht, schließlich ist man nicht selbst als Arbeitnehmer erkrankt. Nun ist es so, dass man über § 616 BGB die Möglichkeit hat, aus persönlichen Grün den, also beispielsweise aufgrund der Erkrankung des eigenen Kindes, zu Hause zu bleiben. Der Arbeitgeber muss in diesen Fällen eine Lohnfortzahlung für bis zu fünf Tagen leisten.
Dies hat das Bundesarbeitsgericht bereits 1978 festgestellt. In vielen Arbeits- und Tarifverträgen ist § 616 BGB aber inzwischen ausgeschlossen. Das heißt, man bekommt für die Tage, in dem das Kind von einem zu Hause betreut werden muss, kein Gehalt. Der Gesetzgeber hat schon lange erkannt, dass das ein finanzielles Risiko für Familien ist und daher eine Lohnersatzleistung im SGB V für gesetzlich Kranken- versicherte verankert – das Kinderkrankengeld. Die Gesetzliche Krankenversicherung erstattet hierüber dem Arbeitnehmer den überwiegenden Teil des Lohnausfalls, wenn ein paar Tage das kranke Kind zu Hause betreut werden muss – wenn dies auch ärztlich attestiert wurde.
Soweit so gut, doch je mehr man in die Tiefe dieser Thematik geht, desto mehr Fragestellungen tun sich auf. Bei Minderjährigen in Deutschland gibt es verschiedene rechtliche Altersgrenzen. Sei es bei der Strafmündigkeit, wie lange man draußen bleiben darf, Kinobesuch, Alkoholkonsum und weiteres. Nach § 1 Jugendschutzgesetz ist Kind, wer noch nicht 14 Jahre alt ist. Ab 14 ist man dann ein Jugendlicher.
Dass die Altersgrenzziehung beim Kinderkrangengeld eher willkürlich gewesen ist, lässt sich schon daraus ableiten, dass es bis in die 90er Jahre nur bis zu einem Alter von acht Jahren galt, nun bis zwölf. Eine Anhebung auf 14 ist konsequent und familienpolitisch auch richtig.
Die etwaige Bezugsdauer ist begrenzt auf in der Regel zehn Arbeitstage pro Kind bzw. 20, wenn man alleinerziehend ist. Maximal 25 Tage kann ein Arbeitnehmer dies pro Jahr beanspruchen, wenn mehrere Kinder vorhanden sind. Die Altersgrenze entfällt wiederrum, wenn es sich um ein behindertes Kind handelt. Wir fordern nunmehr eine Evaluierung der Inanspruchnahme, um zu sehen, ob es große Abweichungen zwischen der möglichen Bezugsdauer und dem tatsächlichen Bedarfs gibt. Des Weiteren gibt es viele Berichte, dass die Beantragung so kompliziert und zeitaufwändig sei, dass das Instrument Kinderkrangengeld kaum in der Lage ist, um ad hoc hierüber sein Kind zu Hause zu betreuen und eher der eigene Erholungsurlaub hierfür in Anspruch genommen wird. Eine Entbürokratisierung für Arbeitgeber, Arbeitnehmer und für die Ärzteschaft ist daher zwingend erforderlich.
Von einem Missbrauch bzw. einer übermäßigen Nutzung der Inanspruchnahme des Kinderkrankengeldes ist nicht auszugehen. Schließlich erfordert es ein ärztliches Attest, das bescheinigt, dass das Kind nicht alleine zu Hau- se genesen kann. Wer einen Tag ‚blau‘ machen will, würde sich im Zweifel eher selbst als Arbeitnehmer krank melden und dann im Zuge der Entgeltfortzahlung auch keine finanziellen Einbußen haben. Eine weitere Frage, die sich auftat, betraf Kinder und Arbeitnehmer, die privat versichert sind. Hier gibt es keine vergleichbare umfassende Regelung. Daher möchten wir auch hier prüfen, ob und wie das Kinderkrankengeld auch bei allen privaten Krankenversicherern als Angebot etabliert werden kann. Der Petitionsausschuss des Bundestages hat sich in dieser Legislaturperiode ebenfalls mit der Altersgrenze befasst und einstimmig beschlossen, dass die Erhöhung auf 14 Jahre politisch weiter vorangetrieben werden sollte.
Wir sollten aus Schleswig-Holstein heraus ein klares Signal senden, wonach die Ausweitung, als auch die Vereinfachung des Kinderkrankengeldes gute Instrumente sind, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf in Deutschland weiter zu stärken.“