Dennys Bornhöft zu TOP 60 „Tätigkeitsbericht der Bürgerbeauftragten für soziale Angelegenheiten“
„Der Bericht der Bürgerbeauftragten für soziale Angelegenheiten des Lan- des Schleswig-Holstein, Samiah El Samadoni, steht, wie zu erwarten war, in vielen Punkten im Zeichen der Corona-Pandemie. Die Fragen sozialer (Ab)sicherung, der Gesundheitsversorgung oder der Wohnung bestimmen erneut die Petitionen und Anregungen. Hier arbeiten wir weiterhin daran, unseren Grundaufgaben und originären Kompetenzen gerecht zu werden. Wir sehen zeitgleich aber auch, dass vieles nur im Bund geregelt werden kann. Es ist mir dennoch ein Anliegen, den Fokus noch auf einige spezielle Punkte zu lenken:
1. Der Bericht bestätigt in vielen Punkten, was wir seit langem politisch diskutieren. Viele Menschen, insbesondere jene, welche sich durch 450 Euro- Jobs (mit)finanzieren, darunter fallen vielfach Studierende, Berufsschüler aber auch Rentner, haben unter der Pandemie besonders gelitten. Der vielfache pandemiebedingte Wegfall dieser in Teilen so wichtigen Unterhaltsquelle hat diese Personengruppen zeitweise an ihr finanzielles Limit gehen lassen. Regelungen für Überbrückungshilfen in solchen speziellen Notlagen sind aber wichtig. Der Zugang zu diesen Leistungen muss daher einerseits bürokratieärmer werden, andererseits muss der Empfängerkreis dringend erweitert werden, schließlich geht es hier vielfach um die Absicherung der Lebensexistenz über einen meist nur kurz zu überbrückenden Zeitraum. Ich bin außerordentlich dankbar, dass sie im Bericht genauso wie in den Anregungen ausdrücklich darauf eingehen.
Es ist bedauerlich, dass dies im Bund leider noch nicht ausreichend angekommen ist, wir werden es weiterhin kommunizieren.Das Problem des Übermaßes an Bürokratie setzt sich dann leider bei noch dramatischeren Fällen fort. Ich zitiere von Seite 17, erster Satz: ‚Wer Kindergeld beantragt, weil bei seinem Kind eine Behinderung vorliegt, muss im ungünstigsten Fall sieben zusätzliche Antragsvordrucke ausfüllen.‘ Diese würden oft verwechselt, sowohl von den Antragstellern als auch den Ärzten. Zudem sind sie sehr aufwendig zusammenzubringen und im Ergebnis verzögert all dies die Antragszeit und kostet damit dem Betroffenen Nerven und Geld. All dies steht hier schwarz auf weiß im Bericht. Ich hoffe, dass wir uns in diesem Raum alle einig sind: Ein solcher Aufwand kann nicht sein und den müssen wir, beziehungsweise unsere Kollegen im Bund, dringend überdenken.
2. In vielen Bereichen werden die digitale Ausstattung und damit einhergehende Umstände angesprochen: Mal geht es um Sozialhilfebezieher, die rechnerisch lediglich 6,40 Euro monatlich für technische Geräte zur Verfügung haben oder um die mangelnde Ausstattung für Kinder, die sich vor allem während der Homeschooling-Phasen noch stärker bemerkbar gemacht hat. Eine Möglichkeit zur technischen Ausstattung von Schulen hätte eigentlich der Digitalpakt bereitgehalten. Leider wurden jedoch Gelder immer noch nicht abgerufen, weil auch hier die Verfahren zu kompliziert und langwierig sind, als dass sie von den Schulträgern ‚mal eben so‘ und ‚nebenbei‘ abgearbeitet werden könnten. Die Geräte werden wir nämlich auch in Zukunft brauchen; denn obwohl Präsenzunterricht für uns höchste Priorität hat und wir garantieren wollen, dass es mit uns keinen weiteren Lockdown gibt, sind die Themen der sozial gerechten digitalen Ausstattung und Anbindung von Schulen und Kindern nicht weniger dringlich.
3. Eine noch grundsätzliche Anmerkung, die bisher selten oder gar nicht angesprochen wurde, die laut Statistik jedoch ein dramatisches Bild abgibt: Mit 65 Prozent ist der Anteil der Frauen an den Petenten noch einmal gestiegen. Frauen sind häufiger Leidtragende von sozialer Ungerechtigkeit – auch vor der Pandemie. Bei zukünftigen Regelungen und Maßnahmen muss dies weiterhin genau berücksichtigt werden. Ich danke Ihnen als Bürgerbeauftragten für soziale Angelegenheiten, Frau El Samadoni, für Ihren wie imer aufschlussreichen und für unsere Arbeit hilfreichen Bericht.“